Es ist nicht einfach alle Details der vielen israelisch-palästinenesischen Projekte im Kopf zu behalten, mit denen ich im Lauf der Zeit zu tun hatte. Während ich aber über das „Pen-Pal Projekt” schreibe, erinnere ich mich an Einzelheiten, die bis in das Jahr 1997 zurückreichen. Dieses Projekt macht die Unterschiede, Vielschichtigkeiten und Widersprüche sichtbar, mit denen sich die Menschen – und besonders die Kinder – auf beiden Seiten arrangieren müssen. Soll ich mich in meiner Eigenschaft als Mitarbeiter der „People to People”- Projekte äußern oder als ein typischer Palästinenser, der wie alle Palästinenser jeden Tag unter extrem schwierigen Lebensbedingungen zu leiden hat, oder aber als jemand, der das „Pen-Pal Projekt” einfach mag? Ich beschließe, Herz und Kopf sprechen zu lassen.

Während ich dies schreibe, sind wir Palästinenser jeden Tag mit einer sehr schwierigen Realität konfrontiert. In den meisten palästinensischen Gebieten werden immer noch Ausgangssperren verhängt; das Töten von Zivilisten wird zur täglichen Erscheinung; es gibt immer mehr Checkpoints anstatt weniger; das Elend des täglichen Lebens, Armut und Unwissenheit nehmen zu. Trotz all dieser Schwierigkeiten sehe ich immer noch einen Hoffnungsschimmer, nicht zuletzt aufgrund der Weiterführung dieses Programms während der letzten Jahre. Obwohl es sich um ein bescheidenes Programm handelt, konnte es extrem schwierige Bedingungen überleben.

Zahlreiche ähnliche Programme stellten hingegen ihre Aktivitäten ein, weil sie die Hoffnung auf eine friedliche und gerechte Einigung zwischen beiden Nachbarn aufgegeben hatten. So wie in dem Sprichwort, „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg”, muß es einfach einen besseren Weg geben unseren Konflikt zu beenden als durch brutale Gewalt, Extremismus und Blutvergießen.

Ich höre wie die Kinder mit ihren Kunstwerken laut und deutlich zu uns sagen: Haltet die Tyrannei von uns fern, gebt uns Leben! Gebt uns Frieden und Land! Auch wenn das Land, in dem wir leben, klein ist, so kann es doch gerecht genutzt werden, und beide Völker können dort in Würde und Humanität leben. Es geht aber nicht nur um Humanität, sondern
auch um die Möglichkeit, seine eigene Vorstellung von Nationalität und nationaler Identität frei artikulieren zu können.

Seit dem Beginn des Projekts sind fast fünf Jahre vergangen. Ich freue mich sagen zu können, daß wir, „People to People” aus Norwegen, trotz der äußerst schwierigen und pessimistischen Rahmen-bedingungen, die sich auf alle Lebensbereiche negativ auswirken, zur Unterstützung dieses Programms beitragen konnten. Das „Pen-Pal Projekt” hat nicht nur bei den Organisatoren und Teilnehmern einen tiefen Eindruck hinterlassen, sondern enthält darüber hinaus eine Botschaft an die beiden Völker dieser Region, die keine andere Wahl haben als Seite an Seite zu leben, manchmal sogar im gleichen Wohnviertel. Der Erfolg dieses Projekts hat das Team von „People to People” motiviert, das Projekt weiter zu unterstützen, und dies trotz der großen Anzahl anderer israelisch-palästinensischer Projekte, die an den äußeren Bedingungen gescheitert sind. Wir hoffen, daß diese Programme trotz alledem weiter stattfinden und erfolgreich sein werden, und somit ihren Teil zum Erfolg ihrer wahren Mission, einem Frieden zwischen den beiden Völkern, beitragen können.

Ich befürworte darüber hinaus die Wiederaufnahme des Projekts in größerem Maßstab, mit noch mehr Kindern aus anderen Gebieten in Israel und Palästina. Dies könnte sich positiv auf einen künftigen Frieden auswirken. Die Konnotationen der Bildideen in den Fotografien der Kinder – wie Zerstörung, Sicherheit, Armut und Hilflosigkeit – sollten uns keine Angst machen. Diese Fotografien reflektieren die momentanen schrecklichen Lebensbedingungen und die komplexe Realität, in der sich diese Jugendlichen befinden. Diese Grausamkeit und diese Schwierigkeiten könnten viele dazu bewegen, sich an einer Wende zum Guten aktiv zu beteiligen.

September 2002
Akram Attalah

Akram Attallah
„People to People“ Programmkoordinator, Palästina, Bethlehem
“People to People” programme coordinator, Palestine, Bethlehem


Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg
Where there is a will, there is a way

It is not easy to recall all the details of the numerous Israeli-Palestinian projects that I have been involved in. But writing about the “Pen-Pal Project”, I remember details about the project going back to 1997. This project sheds light on the differences, diversities and contradictions the people on both sides are subject to, particularly the children.

Should I write in my capacity as a co-worker of “People to People” projects; or write as a typical Palestinian citizen who, like all Palestinians, lives under extremely difficult daily life conditions; or just as someone who is fond of the “Pen-Pal Project”? I decided to leave the matter to what my heart and mind lead me to say.

As I write this, we Palestinians experience a very difficult daily life reality. In most Palestinian areas, curfews are still imposed; killing civilians becomes a daily phenomenon; checkpoints, rather than decreasing, are increasing at an alarming rate; the hardships of daily life are increasing; poverty and ignorance are prevalent.... In spite of all these difficulties, I still see a light of hope, due to the continuation of this programme during the last years. Though it is a modest programme, it survived under extremely difficult conditions and at a time where scores of similar programmes have ceased their activities because they lost hope in the possibility of reaching a peaceful and just settlement between the two neighbours. Like the saying: “Where there is a will, there is a way” ….there has to be a better way to reach a settlement of our conflict than through brute force, extremism and bloodshed.

I understand from the children’s works that they are crying out loud and clearly: Keep us away from tyranny, give us life! Give us peace and land! Though the land we are living in is small, it still can be shared in a just way and the two peoples can live with dignity and in common humanity. The issue here is not only a humane issue, but also a matter of freely expressing one’s interpretation of nationality and national identity.

Nearly five years have passed since the programme started. I am very pleased to say that we, the Norwegian “People to People”, have continued to support and sponsor this programme despite the extremely difficult and pessimistic circumstances that negatively influence all walks of life.

The “Pen-Pal Project” has not only had a deep impact on those who organized it and have taken part in it, but contains a message to the two peoples in the region, who have no choice except to live side by side, sometimes even in the same neighbourhood.

The success of this programme has motivated the “People to People” team to continue supporting the project, despite the large number of other Israeli-Palestinian projects that have been subject to failure as a result of the situation. We hope that those programmes that nevertheless manage to continue will succeed in achieving their genuine mission: a peace between the two peoples.

Moreover, I strongly believe in renewing this programme on a larger scale, and including even more children from different Palestinian and Israeli areas. This could have a positive impact on achieving peace. We should not be afraid of the connotations of the images in the children‘s photographs —such as destruction, safety and security, poverty and helplessness.

These pictures simply reflect the current dire living conditions and the complex reality in which these youngsters find themselves…. such cruelty and hardships might urge and motivate many to take part in making a change for the better.

September 2002
Akram Attallah